Altkatholisch in Kürze
Altkatholisch klingt auf den ersten Blick vielleicht uninteressant, so wie ‚altbacken‘, ‚veraltet‘, überholt‘. Dabei ist es ganz anders.
Neugierig? Dann schenken Sie uns doch einige Minuten und lassen Sie sich eine neue Sichtweise aufzeigen.
- Alt sind bei uns die Wurzeln. Wir sind wie eine 1000jährigen Eiche, die an den Zweigen immer wieder frisch austreibt, aber die alten Wurzeln liefern ihr die Standfestigkeit.
- Wir sind eine anerkannte Kirche, haben aber enge Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen.
- Mittelpunkt unseres spirituellen Lebens bildet die Eucharistiefeier.
- Wir sind eine offene Kirche. Jeder ist willkommen, niemand wird ausgeschlossen.
- Wir wissen, dass wir Fehler machen– vom Gemeindemitglied bis zu den Kirchenleitungsmitgliedern
- weil wir Menschen sind und deswegen Vergebung nötig haben. Wir sind eine episkopale Kirche, d.h. eine Kirche mit Bischof oder Bischöfin, der oder die zusammen mit dem Synodalrat die Kirche leitet.
- Wir leben den synodalen Weg, d.h. alle, die möchten, sind eingeladen, die Kirche mitzugestalten.
- Als modern denkende Kirche sind wir reformorientiert und offen: Geschiedene dürfen wieder heiraten, gleichgeschlechtliche Paare dürfen heiraten und Frauen können geistliche Ämter einnehmen.
Warum also altkatholisch?
Die ersten Anfänge der Kirche gehen auf die Entstehung der Kirche im ersten Jahrtausend zurück. Damals waren die verschiedenen Ortskirchen, die später zu Landeskirchen wurden, selbständig und jede hatte einen eigenen Bischof. Dies ist bis heute das Grundprinzip der altkatholischen Kirchen.
Die Entscheidungen des Ersten Vatikanischen Konzils zur Unfehlbarkeit des Papstes und seiner obersten Rechtsgewalt widersprachen nach unserer Ansicht dieser Tradition und der Bibel und wurden deswegen Auslöser, eine eigenständige Kirche zu bilden. Viele Katholikinnen und Katholiken hielten darum an den ‚alten‘ Glaubensgrundsätzen fest, wie sie aus der Zeit der Apostel überliefert sind. Alle diese Menschen wurden von den Sakramenten ausgeschlossen und so war es notwendig, eine eigene katholische Kirche ins Leben zu rufen: die altkatholische Kirche. Die ‚alte Lehre‘ der frühen, noch ungeteilten Kirche der Apostel ist deswegen der Namensgeber. Die Altkatholische Kirche in Österreich (AKÖ) ist eine staatskirchenrechtlich anerkannte Kirche und Gründungsmitglied der Utrechter Union, der alle altkatholischen Kirchen angehören. Die AKÖ ist zudem Gründungsmitglied des Ökumenischen Rates christlicher Kirchen in Österreich und durch die Utrechter Union auch des Weltkirchenrates/Ökumenischen Rates der Kirchen.
Bis heute steht das Festhalten am Glauben und an den Ordnungen der einen, frühen Kirche, deren Haupt und Kern Jesus Christus ist, im Zentrum.
Eine bischöfliche Kirche mit synodaler Ausrichtung
Die Kirche wird von einem Bischof oder einer Bischöfin geleitet. Alle Kirchenmitglieder (das Kirchenvolk) sind an Entscheidungsprozessen beteiligt, niemand wird ausgeschlossen. Alle geistlichen Ämter stehen auch Frauen offen. Auch Laien haben kirchliche Leitungspositionen inne. Diese synodale Struktur existiert sowohl auf Gemeindeebene, als auch auf
Bistumsebene. Die Entscheidungsgewalt liegt bei der Synode, deren Mitglieder von den Gemeinden gewählt werden.
Dabei ist wichtig zu verstehen, dass Synodalität nicht bedeutet, dass Glaubenssätze oder Glaubensfragen zur Debatte stehen. Diese können nur von einem allgemeinen Konzil formuliert werden. Synodal bedeutet vielmehr, wie der gemeinsame Weg als katholische Kirche gegangen werden kann. Es geht also um die Umsetzung der katholisch-apostolischen Glaubensgrundsätze in unserem Kontext und wie wir diese leben können.
Eine Kirche, die offen ist für Menschen und Reformen
Die Aussagen der Bibel und das kirchliche Leben verbinden sich immer mit dem weltlichen Leben. Das bedeutet, dass Kirchengesetze (nicht Glaubenssätze!) modifiziert oder abgeschafft werden können. So wurde beispielsweise das seit 1878 vorgeschriebene Zölibat (Ehelosigkeit) für Geistliche abgeschafft. Ehelosigkeit ist keine Bedingung für die Betrauung mit kirchlichen Ämtern oder Aufgaben. Aber wer sich freiwillig zu einem Leben in Ehelosigkeit berufen fühlt, kann dies auch innerhalb der altkatholischen Kirche tun.
So stehen auch Frauen alle geistlichen Ämter (Diakon, Priester und Bischof) gleichberechtigt offen. Geschiedenen und Wiederverheirateten steht der Zugang zum Empfang der Sakramente offen. Wurde eine Ehe staatlich geschieden, ist eine nochmalige kirchliche Eheschließung nicht ausgeschlossen. Auch gleichgeschlechtlichen Paaren steht die Ehe offen.
Unsere Kirche ist nicht perfekt
Die Kirche besteht aus Menschen und als solche ist sie fehlbar. Dies gilt auch für alle, die in Leitungspositionen unserer Kirche dienen. Wir bemühen uns, aus dem Wissen zu leben, dass wir alle, jeder einzelne Mensch, aber auch die Kirche als Ganzes reformbedürftig und auf Vergebung angewiesen sind.
Eine Kirche auf dem ökumenischen Weg
Die Einheit der Kirche Jesu Christi ist uns ein wichtiges Anliegen, insbesondere auch am Tisch des Herrn.
Seit 1931 sind wir mit der Anglikanischen Kirchengemeinschaft in voller Kirchengemeinschaft durch die ‚Bonner Vereinbarung‘. Mit der Unabhängigen Philippinischen Kirche, der Lusitanischen Kirche von Portugal und der Reformierten Episkopalkirche von Spanien besteht seit 1965 volle Kirchengemeinschaft, mit der Lutherischen Kirche von Schweden seit 2017. Seit 2024 besteht mirt der indischen Mar-Thoma Kirche volle Kirchengemeinschaft.
Mit den Evangelischen Kirchen und der Evangelisch-Methodistischen Kirche besteht eine gegenseitige gastweise Einladung zum Abendmahl.
Weitere Gespräche werden mit der römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxie geführt.
Das Altkatholische Abendmahlsverständnis
Nach dem Selbstverständnis der altkatholischen Kirche sind alle Getauften, die an einer altkatholischen Eucharistiefeier teilnehmen, eingeladen an der Kommunion (die üblicherweise in beiderlei Gestalt gereicht wird) teilzunehmen, unabhängig von ihrer Kirchenzugehörigkeit. Es ist Christus selbst, der uns an seinen Tisch ruft und sich uns schenkt. Er lädt uns durch die Kommunion zur Gemeinschaft mit ihm und in ihm ein.
